Wackennachlese 2013

Ich glaube, ich möchte einmal kurz klarstellen, warum ich dieses Jahr vom Wacken Open Air insgesamt enttäuscht war, obwohl ich großen Spaß hatte und das Ticket für nächstes Jahr auch schon bestellt ist.

Schon während der Festivalwoche war unserer Gruppe mehrheitlich aufgefallen, dass bei den meisten Konzerten mittlerweile mehr Kurz- als Langhaarige vor den Bühnen stehen. Damit meine ich nicht, dass mir Leute mit kurzen Haaren irgendwie nicht passen, Toleranz und Offenheit sind auch bei mir hohe, wenn nicht höchste Werte. Und es geht mir auch nicht um Mainstream/Underground an sich. Aber ein kurzer Exkurs zu dem, was ich zunehmend vermisse.

Vor zehn Jahren bin ich das erste mal auf ein Festival gefahren, und es war das damals in den Medien noch kaum präsente Wacken Open Air, auf dem sich im Jahre 2003 schon für die damalige Zeit gigantische 30.000 Leute tummelten. Was damals das Ticket gekostet hat, mag ich gar nicht sagen, sonst schießen mir die Tränen in die Tastatur. Nur so viel zum Geist der Zeit: Man konnte damals gebatikte Shirts tragen, ohne retro sein zu wollen.
Jedenfalls erinnere ich mich an eine Atmosphäre, die die heutige wirken lässt wie den Ansturm auf einen neu eröffneten Applestore.

Mit „kurzhaarig“ meine ich nämlich nicht „Menschen mit kurzen Haaren“, sondern „szenefremdes Publikum“. Man erkennt sie nicht nur an der Frisur; viele von ihnen haben offenbar gerade ihr erstes schwarzes Shirt gekauft, meist das des aktuellen Wackenjahrganges, tragen Blödmannsutensilien durch die Botanik wie etwa aufblasbare Penisse und sind vor allem die, die sich völlig überaffirmativ mit dem Veranstaltungsort identifizieren. („WACKÖÖÖÖÖÖN!“)
Einzelne Merkmale treffen sicher auch auf nichtszenefremdes Publikum zu, aber ihr wisst sicher, welchen Menschenschlag ich meine.
Diese Leute sind nach einhelliger Meinung aller, die ich befragt habe, die, die am meisten von dem verzapfen, was einen an diesem Festival so nervt. Die meisten sexuellen Grenzüberschreitungen, die ich gegenüber hübschen Frauen beobachtet habe,  Fäkalorgien, sinnlose Zerstörung, Herumspringen in Schlammpfützen bei Konzerten, die die Umstehenden eigentlich lieber sehen würden, aggressiv Bier schnorren, seine Umgebung 24/7 mit Schlumpftechno beschallen und nicht zuletzt, Nazilieder grölen.
Auch rekrutiert sich aus diesen Kreisen ein Großteil derer, die so sehr besoffen sind, dass einem selbst als trinkfreudigem Metalhead mit einem Schlag das Dosenbier im Munde schal wird.

Ich will nicht sagen, dass das alles Sachen sind, die „echte“ Metaller nie tun, aber wer mehr als eines der Jahre seit, sagen wir, 2008 mal nach Wacken gepilgert ist, der dürfte sich meinem Eindruck der Häufung dieser Dinge bei Nichtmetallern anschließen.

Ich bin auch nicht der erste, der den Vergleich zum Ballermann zieht. Aber wen wundert es?

Es spricht überhaupt nichts dagegen, wenn Menschen sich amüsieren und die Sau rauslassen wollen. Auch kurzhaarige Menschen dürfen das tun, und das tue ich ja selbst auch. Ich fahre aber absichtlich nicht zum Ballerman, weil mir das da einfach nicht gefällt. Und wenn mein Lieblingsfestival sich mehr und mehr in diese Richtung entwickelt, dann gefällt mir das umso mehr nicht. Hier ist das Problem: Die Ausrichtung des W:O:A geht zunehmend an den Interessen der alten Kernzielgruppe vorbei.
Man fühlt sich als jemand, der etwas mit der Metalkultur verbindet, mehr und mehr als Fremdkörper auf einer Veranstaltung, die mal mit „Faster Harder Louder“ ein richtig metallisches Motto hatte, und auf der jetzt Santiano und Heino ernstzunehmende Acts oder Teil von solchen sind. Wie ein Gast im falschen Haus.

Die Probleme mit Nichtszenegängern halte ich dabei für hausgemacht. Leute, die keine Leidenschaft für die zugrundeliegende Subkultur mitbringen, interessieren sich auch nicht für den Zusammenhalt innerhalb derselben und für die Außenwirkung des Ganzen.
Ich weiß natürlich nicht, ob sich jemals ein Metaller vom Pinkeln in den Busch hat abhalten lassen, weil er dachte, dass das die Metalszene schlecht dastehen lässt, interessanterweise passiert aber deutlich weniger von Vergleichbarem auf kleineren Metalfestivals, die noch nicht so stark durchmischt sind, wie auf dem Party.San und anderen.

Man könnte nun freilich argumentieren, ich sei ein Feind von Durchmischung, und dass Offenheit eben auch eine Eigenart der Metalszene sei. Letztgenannteres ist natürlich nicht falsch.
Jetzt lebt aber der identitätsstiftende Teil der dunklen Alternativkulturen, zu denen z.B. auch die Grufties etc. gehören, zumindest in Teilen davon, sich ein Stück weit aus der gesellschaftlichen Mitte herauszuziehen, und zum Beispiel nicht jeden Trend mitmachzumachen. Es gibt auch andere tolle Farben außer Schwarz, doch die meisten Kleidungsstücke in den meisten Kleiderschränken sind eben schwarz. Beispiele über Beispiele; gesellschaftliches Vorankommen wäre ohne Tattoos und Piercings sicher oft leichter, und auch auf die übrige Zivilgesellschaft wirkt man damit oft abschreckend, so dass sich alsbald der Freundeskreis überwiegend aus anderen Szenemenschen zusammensetzt.
Aus der Abgrenzung entsteht nämlich auch ein Schulterschluss mit anderen, ebenfalls szenezugehörigen Leuten.
Man kann also eine homogene Szene/Gruppe genau wegen ihrer Homogenität kritisieren, und nicht alles ist begrüßenswert daran. Es gibt aber auch positive Aspekte, wie dass man sich innerhalb seiner Peer Group zuhause fühlt und sich darin freier bewegen kann als außerhalb. Auch steht diese Gruppe ja grundsätzlich jedem offen, so dass eine Ablehnung einem angenommenen Mainstream gegenüber etwas ist, dem sich jeder entziehen kann, wenn sie oder er das möchte.
Deswegen bin ich nicht per se dafür, dass man es überall allen recht machen muss und ein Festival so umzubauen, dass ein vermuteter Ottonormalverbraucher sich dort unbedingt wohl fühlt.

Deswegen würde ich mir wünschen, dass auf dem W:O:A in Zukunft wieder, ja, weniger mainstreamige Bands auftreten und der durchschnittliche Härtegrad vielleicht wieder bei z.B. Hypocrisy liegt, wie es zumindest in meiner Wahrnehmung früher zum Teil der Fall war.
In dem Moment, als Rammstein auf dem Lineup des Wacken auftauchten, habe ich schon gedacht „Oh Kacke, die Popper werden über uns herfallen“, und keine 24 Stunden später war das Festival dann auch ausverkauft. Zufall?
Man muss ja nicht gleich das Wackingerdorf abschaffen, aber anstatt Headliner wie Rammstein, Alice Cooper und Deep Purple heranzuholen, wären doch Bands wie, von mir aus, Slayer, Cannibal Corpse und vergleichbare angemessenere Beschallung für ein „XX Years Louder Than Hell!“-Festival.
Zur Sicherheit: Wer hier andere Texte von mir liest, in dem wird die Erkenntnis reifen, dass ich der „Früherwarallesbesser!“-Mentalität eher unverdächtig bin. Auch hatte ich wie alle Jahre zuvor auf dem Wacken Momente großer Freude, mit meiner tollen Begleitung vor der Leinwand zu sitzen, durch das verwandelte Dorf zu schlendern und zum Teil richtig toll abgemischte Konzerte zu hören. Es ändert aber nichts an dem mit jedem Jahr wachsenden Gefühl, nicht der Gast zu sein, den der Veranstalter gern hier hätte bzw. dass dieser einfach alles tun würde, solange die Leute ihr Geld dafür auszugeben bereit sind. Zeichen des unstillbaren Profitdurstes der Veranstalter, wie die versteckten Preiserhöhungen überall (nicht nur beim Bier), schwächen diese Empfindung nicht gerade. Man führe sich nur einmal vor Augen, was allein über die Tickets jedes Jahr an Einnahmen generiert wird:
Ticketpreis 160€ x 80.000 Tickets, macht mal eben 12.800.000€, die jetzt, wo das Festival schon wieder ausverkauft ist, fast ein Jahr quasi nur auf der Bank liegen. Und darauf noch der Reingewinn der Stände und des Merchandise.
Und Wackenfans kaufen anscheinend wirklich alles, sogar Scheiße, solange sie nur mal in Wacken gelegen hat. (Danke für das Bild an dieser Stelle, Dirk!)

Dem Veranstalter kann das nur recht sein. Dass er Geld verdienen möchte, kann man ihm auch nicht vorwerfen. Aber wie gesagt, andere Festivals ziehen ihre Grenzen woanders.
Wenn sich der eingeschlagene Weg auf dem Wacken aber so fortsetzt, werde ich früher oder später den Schritt tun, den mein schlauer Bruder bereits vor einigen Jahren getan hat: Anstatt mich zu beschweren, werde ich einfach nicht mehr hinfahren.

8 Kommentare

  1. aaabbbbsss

    Tja, so kann die Wahrnehmung auseinander gehen. Ich bin seit Jahren in Wacken zu Gast und würde mich selbst als Metaller bezeichnen – wenn dieser Begriff nicht von übertrven Leuten belegt wäre, die ihre hässlichen Kutten bei jeder Gelegenheit mit Bier überkippen und jede Band scheiße finden sobald sie mehr als 10 Fans haben. Deswegen bezeichne ich mich als Musikfan mit einer sehr starken Vorliebe für Metal.

    Mir sind die Leute tausendmal lieber, die bei einer Woche Heavy Metal auch mal 1-2 Stunden zu Pop, Schlager oder sonst was feiern können ohne beleidigt mit dem Fuß aufzustampfen. Solche Leute werden dann gerne als szenefremd eingestuft, entsprechen mit ihrer Offenheit aber viel eher dem was ich als Heavy Metal ansehe. Der Typ der einen Jungspund im Rammstein Shirt blöd anlabert „BIST WOHL NUR WEGEN RAMMSTEIN HIER WAS?!?!“ ist definitiv nicht Metal. Sondern ein Arschloch.

    • aarkon

      Ich möchte mir gar nicht die Deutungshoheit zuschreiben, was Metal ist und was nicht.
      Das Gegenteil der von mir beobachteten Entwicklung ist in der Tat auch nicht so meins, wie man eventuell daran ablesen kann, dass ich bisher quasi jedes Jahr zum Wacken gefahren bin. Und die ganzen reinrassigen Black/Death Metal-Dinger wie das Barther z.B. finde ich auch eher anstrengend.

      Meine Grenze ist allerdings überschritten, wenn sich der Eindruck der Beliebigkeit so dermaßen aufdrängt, wie er es dieses Jahr tat. Wenn es Geld in die Kasse spült, steht nächstes Jahr eben auch Scooter auf der Blackstage. Und das will ich nicht, da fühle ich mich nicht repräsentiert.

      Der Einzelne Act oder Mensch ist dabei eigentlich (außer bei sexuellen Übergriffen) nie das Problem, es ist die Masse, der gegenüber man sich wie ein Fremder vorkommt, mit der einen wenig bis nichts verbindet. Und wie gesagt sind die, die einem auf dem Wacken auf den Keks gehen, zu absolut überwiegenden Anteilen die beschriebenen Partytouristen, denen eine Woche lang halt einfach alles egal ist.
      Als die noch zu Rock am Ring oder zum Hurricane fuhren, war das Wacken ehrlich gesagt einfach angenehmer.

  2. Alexander

    Das Problem lässt sich doch schon länger beobachten, und ich würde sagen, dass es nicht nur Wacken exklusiv ist, sondern ein bisschen die Entwicklung der Metal Szene insgesamt beschreibt.

    Ich bin sicherlich auch kein typischer Metaller (i.e. kurze Haare, kaum Bandshirts), ich würde mich allerdings auch nicht als szenefremd beschreiben. Ebensowenig würde ich Liturgy als szenefremd bezeichnen, obwohl sie das wohl sogar selbst machen würden (bzw. tun). Aber du hast ja auch klar gemacht, dass du das daran nicht festmachen willst. Und da ist halt die Frage, was die entscheidenden Kriterien sind.

    Ich war jetzt 2 Jahre nicht mehr auf dem Wacken, und das letzte Mal das ich da war, hab ich von früh morgens bis nachmittags gearbeitet und war danach bei den Konzerten. Daher bin ich weitestgehend von dem „Partypublikum“ verschont geblieben(, die meisten von denen finden in exzessiven Trunkenheits zustand ja über das ganze Wochenende zu keinem einzigen Konzert) – man kann ihm ja doch irgendwie ausweichen.
    Deshalb kann ich nicht beurteilen, wie schlimm das ganze doch geworden ist.
    Aber zumindest in den Jahren davor meine ich gesehen zu haben, dass viele der „Probleme“ durchaus auch von der Szene hausgemacht sind.
    Die ersten Leute, die billigen Eurotrash auf das Wacken importiert haben, waren Metaller. Es waren auch Metaller, die anfingen Mambo Kurt eine riesen Show zu geben (was insofern ok ist, als dass er ja tatsächlich Metal covert). Und es waren auch Metaller, die in Full Metal Village und ähnlichen Dokus der ganzen Welt gezeigt haben: Hier sind wir, wir sind lustig, betrunken und für jeden Mist zu haben.
    Damit wurde ja erst das Grpundwork gelegt, dass das Wacken sich einem Maistreampublikum öffnen konnte.
    Und zum Teil war es ja auch lustig. Es macht halt einen Unterschied, ob so etwas aus der Szene selbst kommt und mit einer gewissen Ironie gegen sich selber und das ganze „Fuck Whimps and Posers“ Gedöns gerichtet ist (CoB haben ja schon früh live gerne mal Oops I did it again oder so angestimmt, Grailknights sind von der ganzen Konzeption her eine Satire), oder ob so etwas von außen übernommen wird, und nicht mehr Satire der eigenen Szene ist, sondern zum Szenemerkmal schlechthin erklärt wird. Aber irgendwann wurde der Mainstream Eindruck von Metal eben: Das sind lustige Partygesellen, die sich nicht zu ernst nehmen – da passen wir doch auch gut hin. Und irgendwann ist Metal dann auch nichts weiter als das: lustiges feiern mit dunklen T-Shirts (oder T-Shirts in Pink, auf denen steht: schwarz war leider ausverkauft…)

    Das mag momentan vor allem das Wacken (und die wenigen anderen „großen“ Metalfestivals) betreffen, aber das bekommt man auch so gut in Unterhaltungen mit, wenn man sich mit nicht Metallern unterhält. Das sieht man auch in der Zunahme an Bands, die ihr Konzept in die Richtung: lustige, betrunkene Menschen, mit langen Bärten ausrichten. Und ich denke, das wird irgendwann auch die kleineren Metalfestivals erreichen.

    P.S.: Das ist übrigens kein Problem, dass nur dem Metal passiert. Am Wochenende hab ich mich mit einem Elektro(niker?) unterhalten, der mir ähnliches über die Fusion berichtet hat.

    P.P.S.: Die Bands oben als Beispiele sind ungünstig gewählt: Alice Cooper und Deep Purple sind doch typisch Wacken, wenn man sich anschaut, wer da in den 80ern und 90ern aufgetreten ist.

    • aarkon

      Die gewählten Beispielbands sind in der Tat insofern ungünstig, da hast Du nicht Unrecht, worauf ich aber hinaus wollte war, dass man im Orgateam offenbar den Fokus verlagert, weg von Bands, die in der Szene gut aufgenommen werden, zu Bands, die für eine spekulative Mehrheit anschlussfähig oder zumindest akzeptabel sind. Daher auch die gewählten Gegenbeispiele.

      Die Touristenproblematik ist sicher nichts, was das Wacken allein für sich hat, nein. Wie das mit der Fusion aussieht und der Abkehr von einem Szenekern kann ich aber nicht beurteilen, daher schreibe ich hier nur über ein von mir besuchtes Festival.
      Wahrscheinlich ist, dass jedes Festival sich irgendwann vor der Entscheidung wiederfindet, sein ursprüngliches Publikum zu verlieren und weiter zu wachsen, oder aber keine größeren Namen ins Lineup zu nehmen und sich auf seine Zielgruppe zu konzentrieren.
      Und klar ist, dass wenn die Gruppe, für die die Musik irgendeine Art von Konsens ergeben muss, wächst, die gewählten Interpreten stets weniger Ecken und Kanten haben werden.

  3. Alexander

    Und als Nachtrag bezüglich des vorherigen Kommentars:

    Ich denke nicht, dass es darum geht, ob Leute auch mal Pop hören (oder Hiphop oder Elektro – es gibt auf dem Wacken nichts dämlicheres als diese Anti-Hip-Hop-Alliance T-Shirts).
    Es geht um die Stimmung insgesamt auf dem Festival. Wenn neben dir Leute campen, die auf einer soundstarken Anlage das ganze(!) Festival über nur irgendwelchen Hard Style laufen lassen (am besten noch das gleiche Lied 8-10 mal hintereinander, das würde ich nicht einmal bei Slayer akzeptieren), die so betrunken und mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie zu keinem Konzert gehen, die dafür aber die ersten sind, die Sonntagmorgen alles kurz und klein kloppen und die auch sonst etwas übertrieben aggresiv und testosterongesteuert agieren, dann hat das nichts mit Pop oder Metal zu tun, sondern ist insgesamt ein beklagenswertes Phänomen, dass eben in erster Linie nicht bei Leuten zu beobachten ist, die wegen der Musik da sind, sondern wegen des Events „Wacken“.

  4. Katharina

    Du sprichst mir (fast) komplett aus der Seele! Ich war 1999 das erst mal da und auch damals schon ein Powermetal-Fan (ich wage zu behaupten, mein Musikgeschmack hat sich kaum geändert) und hab mich sehr über Hammerfall und Co. gefreut – aber seit die Publikumszahl über 40.000 liegt, Sabaton zum Populärmetal geworden und es „in“ geworden ist, nach Wacken zu fahren, ging es mit der Stimmung dort bergab.
    Ich bin im Grunde immer mit dem gleichen harten Kern an Leuten da, aber der Prozentsatz an Musik (und erst recht Musik, die sich Metal nennen darf, in welcher Ausprägung auch immer) ist so gesunken im Gegensatz zu dem ganzen anderen Heckmeck, weshalb ich tatsächlich immer weniger Spaß habe. Immer noch genug, aber halt wesentlich weniger als früher, obwohl die Karten mittlerweile das Vierfache kosten. Aber hey, solange es die Nachfrage hergibt (und die gibt es ja augenscheinlich), werden sie auch weiterhin jedes Jahr 20 bis 30 Euro teurer werden.

    Braucht das Wacken ein WrestlingEvent, Pfahlsitzen, Automerchandising etc.? Früher hats das standardmäßige Fußballspiel getan, was Mittwochs stattfand und gut.
    Das Wackingerdorf ist letztlich auch nur mehr Platz, um Stände aufzubauen um Zeug zu verkaufen. Die Ritterspiele von der Schwertschaukampfschule find ich gut – aber in die Waagschale geworfen machen sie es nicht wett, was das Wackingerdorf schlecht macht.

    Ich finde es den Umständen entsprechend gut, dass die W.E.T.-Stage jetzt größer ist, da es die letzten Jahre, wo sie noch auf dem Infield war, doch immer Gedränge und Geschubse etc. gab, wenn man nur am Zelt vorbei zum Ausgang wollte, aber der weite Weg vom Infield zur W.E.T.-Stage und zurück (und insbesondere um das Publikum vor der Wackinger Stage herum) kostet locker mindestens Zeit für eine Band, die man dann nicht sehen kann.

    Alles in allem glaube ich nicht, dass wir „Fans des ursprünglicheren Wacken“ irgendetwas ausrichten können, sofern nicht die Ticketzahl wieder stärker limitiert wird und die Bands wieder weniger mainstreamig werden.

    Vielen Dank für das Teilen Deiner Gedanken!

  5. Christoph Wagner

    Kurz vorneweg: Ich war 2 mal auf Wacken: 2004 und 2007.

    2004 war es echt cool mit ich glaube 40.000 Besuchern. Durch die Größe war das aber gut zu verkraften. Dann kam 2007. Alles hoffnungslos überfüllt, Leute die mit Eiern schmeißen und vieles von dem was du hier geschrieben hast. Mir war danach klar, nie wieder Wacken.

    Was ich aber dadurch entdeckt habe, sind die ganz kleinen Festivals. Hörnerfest hatte glaube ich 2000, Barth gerade 800.

    Bis auf ganz, ganz wenige Ausnahmen waren die Leute entspannt und freundlich und man war einfach da um zu feiern, Spaß zu haben und Metal (bzw. Folk/Mittelalterrock) zu hören.

    Was ich schlimmer finde als Wacken an sich (Ich brauche es nicht und lerne auch noch mehr mir unbekannte Bands kennen), ist dass ich mich frage wie sich das auf andere mittelgroße und langfristig auch kleinere Festivals auswirkt wenn das die Festivalkultur ist die die Leute kennenlernen?

  6. Fell

    Ich finde dein Post trifft es ganz gut.
    Kurz zum Wackinger Dorf das hier ja aufkam als Aspekt der „Verweichlichung“
    Das Wackinger Dorf ist ja keine soo neue Erfindung. Als ich 2009 das erste mal dort als Schaustellerin tätig war, war es sicherlich kleiner als heute das stimmt. Gut aufgenommen wurde es aber damals wie heute. Dieses Jahr gab es nun wirklich viele mitmachaktionen, die alle umsonst waren, dass hätte mir als Gast gut gefallen. Gefühlt waren gerade die Internationalen Gäste sehr angetan vom Wackinger Dorf. Platzverschwendung finde ich es nicht, mir stößt da eher die enorme Größe des Shopping Bereiches sauer auf, in dem es Jahr um Jahr den selben Mist gibt, dafür keine Aktionen für Gäste. Aber Wacken ist halt kein Fest der Musik mehr, sondern des Konsums. Das finde ich sehr schade, als zahlender Gast würde ich nicht mehr kommen.
    Das immer mehr Partypeople vor Ort sind kann ich bestätigen, dieses Jahr war ich das erste mal seit bestimmt 7 Jahren Wacken besuch drauf und dran körperlich angegriffen zu werden, ich kann nur sagen Metallheads waren das nicht… Wie gesagt als Gast werde ich nicht mehr kommen, aber da die Kasse klingelt denke ich nicht das die Wacken Orga da groß gegensteuern will oder wird.

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